Wie Sie den Leistungsfaktor in Ihrer Produktion mit wenig Einsatz verbessern

Leistungsfaktor verbessern Frau zeigt Daumen hoch

Produzierende Unternehmen stehen nicht erst seit der digitalen Transformation und der Industrie 4.0 unter erhöhtem Wettbewerbsdruck. Das Optimieren von Geschäftsprozessen ist unverzichtbar – und mit der Gesamtanlageneffektivität (OEE – Overall Equipment Effectiveness) erhalten Betriebe eine Kennzahl, die zum einen die Anlageneffektivität vergleichbar macht und zum anderen Verluste von Maschinen aufdeckt. Die OEE besteht aus drei Faktoren, die gemeinsam die häufigsten und relevantesten Quellen von Produktivitätsverlusten aufzeigen:

☑ Verfügbarkeit
☑ Qualität
☑ Leistung

In diesem Teil unserer Blog-Reihe zum Thema OEE schauen wir uns den Faktor Leistung genauer an. Denn mit wenig Einsatz lässt sich insbesondere dieser Faktor schnell und nachhaltig verbessern.

OEE Leistungsfaktor hervorgehoben

Der OEE Faktor Leistung – Was bedeutet das eigentlich?

Der OEE Faktor Leistung stellt den Ist-Zustand der produzierten Teile ins Verhältnis zum Soll-Zustand, also der Menge Teile, die maximal produziert werden könnte, sofern eine Maschine durchgängig im vordefinierten Soll-Takt arbeitet. In der Realität wird der Soll-Takt jedoch selten optimal ausgeschöpft, denn kleinere Störungen oder eine falsche Konfiguration der Maschine führen zu Verzögerungen in der Produktion – und damit zu Verlusten für das Unternehmen. Im Umkehrschluss lässt sich sagen, dass ein optimierter Leistungsfaktor dafür sorgt, dass weniger Zeit aufgewendet werden muss, um eine bestimmte Anzahl an Werkstücken herstellen zu können.

Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis

Damit eine Maschine profitabel arbeiten kann, muss ihre Leistung optimal an die zu bearbeitenden Werkstücke angepasst sein. Wird die Maschine über das Maximum hinaus belastet, sind Störungen und Defekte zu erwarten. Wird hingegen eine Maschine weniger belastet als technisch möglich wäre, entstehen zwangsläufig Zeitverluste – die unterm Strich dem Unternehmen bares Geld kosten. Die maximal möglichen Leistungswerte, die eine Maschine erreichen kann, werden von den Herstellern vorgegeben und lassen sich in den technischen Dokumentationen nachlesen. Allerdings ist bei diesen theoretischen Werten Vorsicht geboten!

Denn die Werte werden in der Regel unter klimatisierten, optimalen Umgebungsbedingungen ermittelt – und sind nicht 1:1 in die Praxis eines Betriebes übertragbar. Hier fließen viele zusätzliche Faktoren in die Leistungsfähigkeit einer Maschine ein, beispielsweise die Temperatur in der Werkhalle, die eingesetzten Werkstoffe in Kombination mit den jeweiligen Werkzeugen oder die verwendeten Kühlschmierstoffe. Und nicht zuletzt hat auch der Bediener an der Maschine Einfluss darauf, wie leistungsfähig „seine“ Maschine betrieben wird.

Zitat zu Leistungswerten Maschine

Wie lässt sich denn die Soll-Leistung einer Maschine ermitteln?

Die Ist-Leistung einer Maschine lässt sich mühelos messen, wobei hierfür nicht mal Stückzähler oder Sensoren notwendig sind. Im einfachsten Fall reicht das manuelle Zählen der produzierten Werkstücke pro Stunde. Schwieriger wird die Ermittlung der Soll-Leistung. In einigen Fällen geben Maschinenhersteller diese Angaben nicht in Ihren Handbüchern an – oder verwenden aus Marketing-Gründen unrealistische Werte. In diesen Fällen kann das Konzept der „bestdemonstrierten Stückzahl“ verwendet werden. Hierfür werden alle Geschwindigkeiten, die bei der Produktion eines Werkstückes in der Vergangenheit aufgezeichnet wurden, miteinander verglichen. Die höchste Produktionsgeschwindigkeit – und damit die beste Leistung der Maschine – wird als feststehende Soll-Leistung definiert. Dieses Vorgehen eignet sich besonders gut für Maschinen, die nur ein einziges oder nur wenige unterschiedliche Teile fertigen.

Den Leistungsfaktor erhöhen – Auf die Datensammlung kommt es an!

Vor jeder Optimierung stehen eine Sammlung und Auswertung der relevanten Daten. Im Falle des Leistungsfaktors sind die wichtigsten Daten natürlich die Anzahl der produzierten Teile pro Stunde. Während es in der Vergangenheit nötig war, mechanische Stückzähler einzusetzen, erledigen moderne Steuerungen das Zählen automatisch. Im Zeitalter der Industrie 4.0 sind viele Produktionsmaschinen bereits untereinander vernetzt und liefern so alle benötigten Daten direkt an den Ort, wo sie ausgewertet und weiterverarbeitet werden.

Zitat zu Maschinenvernetzung

Je sorgfältiger und umfassender Daten gesammelt werden, desto präziser kann eine Aussage zur Differenz zwischen Ist-Zustand und Soll-Zustand getroffen werden.

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Den Leistungsfaktor optimieren durch Anpassung der Schnittwerte

Bei spanabhebenden Werkzeugmaschinen existieren einige Stellhebel, die die Produktion eines Werkstückes deutlich beschleunigen können. So ermöglichen beispielsweise Hartmetallwerkzeuge höhere Vorschübe und Schnittleistungen als konventionelle Werkzeugstähle. Mittels Tabellenbüchern lässt sich darüber hinaus für jeden Werkstoff, jeden Werkstückdurchmesser und für jedes Werkzeug der theoretisch optimale Wert für die Fertigung ermitteln. Je fähiger und erfahrener die Bedienmannschaften in einem Unternehmen sind, desto feiner sind in der Regel die Schnittwerte auf das Werkstück abgestimmt.

Den Leistungsfaktor optimieren durch weniger Micro Stops

Kurze und kürzeste Unterbrechungen der Produktion senken die Leistung einer Maschine und sind somit zu minimieren. Bei Maschinen mit automatischem Werkzeugwechsel kann die Span-zu-Span-Zeit (die Zeit, die vergeht, wenn Werkzeug 1 die Bearbeitung beendet hat und Werkzeug 2 eingewechselt und positioniert wird) durch eine durchdachte Anordnung der Werkzeuge im Magazin problemlos optimiert werden. Die gesparte Zeit mag pro Werkstück nur wenige Sekunden betragen – aber in der Summe macht sich dies insbesondere bei Massenteilen und Großserien stark bemerkbar.

Den Leistungsfaktor verbessern durch richtige Produktionsplanung

Die einzelnen Arbeitsschritte auf einer Maschine, die für die Fertigung eines Werkstückes notwendig sind, sollten in regelmäßigen Abständen überprüft und bei Bedarf angepasst werden. Durch kleine Veränderungen im Arbeitsprozess, beispielsweise einer Positionierung der Werkzeuge im Eilgang bis kurz vor das Werkstück, lassen sich in den meisten Fällen einige Sekunden Zeit herausholen – Zeit, die in der Summe für mehr produzierte Werkstücke sorgen kann.

Zitat kleine Veränderungen durch richtige Produktionsplanung

Den Leistungsfaktor durch Anpassen der Maschinenparameter verbessern

Maschinen werden seitens der Hersteller zumeist ohne genaue Kenntnisse der Fertigungsprozesse eingestellt. Diese Konfiguration kann zu Schwingungen im Betrieb, zu Problemen beim Erreichen der benötigten Toleranzen und zu einem hohen Werkzeugverschleiß führen. Bei einer Neuanschaffung oder Modernisierung bestehender Maschinen (Retrofitting) sollten Maschinen daher immer hinsichtlich der dynamischen Eigenheiten optimiert werden – im Idealfall mit Bezug auf die Werkstücke, die später produziert werden sollen.

Wer nicht fragt, verliert

Bei jeder Maschine innerhalb einer Fertigungslinie sollte immer wieder gefragt werden: Läuft die Maschine mit ihrer theoretischen Höchstgeschwindigkeit? Wenn „Ja“, ist alles super (auch wenn dieses „Ja“ in der Praxis eher selten vorkommt). Lautet die Antwort hingegen „Nein“, kommt die nächste Frage ins Spiel – nämlich „Warum läuft die Maschine NICHT mit ihrer Höchstgeschwindigkeit?“ Insbesondere die Bediener sind hier gefragt, denn schließlich kennt im Unternehmen wohl kaum jemand eine Maschine so gut, wie der Mensch, der sie tagtäglich bedient.

Leistung durch digitale Technik verbessern

Den Maschinenoutput verbessern funktioniert auch durch digitale Unterstützung – und dies einfacher und komfortabler als jemals zuvor. Smarte Fertigungsmaschinen ermitteln kontinuierlich alle Werte, die während eines Fertigungsprozesses auftreten und bereiten diese Daten zumeist auch noch durch entsprechende Software grafisch auf. So kann die Produktionsplanung „live“ sehen, wie gut eine Maschine performt – und wo eventuelle Schwachstellen oder Minderleistungen auftreten. Smarte Maschinen sind zwar noch nicht sehr weit verbreitet, aber immer mehr Hersteller setzen auf digitale Lösungen mit speziell angepasster Software zur Optimierung der Fertigungsprozesse. Es ist anzunehmen, dass in 5 – 10 Jahren ein Großteil der eingesetzten Maschinen und Anlagen digital unterstützt arbeiten wird.

Zitat Großteil der Maschinen und Anlagen werden digital sein

Fazit

Der Leistungsfaktor der Gesamtanlageneffektivität zeigt die Geschwindigkeit auf, mit der eine Maschine produziert. Der theoretische Soll-Zustand ist dabei das Maß der Dinge – und der Ist-Zustand in den meisten Fällen ein Zustand, den es zu verbessern gilt. Mit einigen wenigen Maßnahmen lässt sich der Leistungsfaktor bereits verbessern – und trägt damit seinen Teil zum gesamten Unternehmenserfolg bei.

Quellen:

https://monami.hsmittweida.de/frontdoor/deliver/index/docId/6392/file/Diplomarbeit+Robert+Stolzlechner_27891.pdf

https://de-academic.com/dic.nsf/dewiki/515644#Verf.C3.BCgbarkeitsfaktor

https://mymaintenance.blog/2020/02/18/kpis-kennzahlen-der-instandhaltung